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Eberhard Högerle geht in den Ruhestand

| Prof. Martin Kreyßig

Das war ein tränenreicher und extrem schöner Tag. Am Donnerstag, den 16. Juni 2016 feierte Professor Eberhard Högerle nach 23 Jahren seinen Abschied von der Hochschule Harz, von den Studiengängen Medieninformatik (B.Sc.) und Medien- und Spielekonzeption (M.A.). Am Nachmittag hatte Eberhard alle Kolleginnen und Kollegen der Hochschule Harz eingeladen. Dekan Prof. Dr. B. Zimmermann sprach bewegende Worte, meine kurze Ansprache hänge ich unten an.

Am Abend ab 17.00 Uhr hatten Dipl.-Des. Florian Fischer und Eberhard zum Grillen am Studio eingeladen. Selbst kreierte Speisen mit satanarchäolügenialkohöllischen Getränken versüßten den langen Abend, nur kurz unterbrochen von einem mittelmäßig spannenden Fussballspiel mit hoch erfreulichem Ergebnis. Auch Florian verlässt uns nach fünf langen, kurzen, schönen und spannenden Jahren. Florian kehrt zurück in die Selbstständigkeit als Fotograf, Filmemacher und Grafiker, bleibt uns aber auch als Lehrbeauftragter und Dozent verbunden. Auch Dir alles, alles Gute.

Florian hatte uns Mitarbeiter, Kommilitonen und Dozenten mit diesem Text eingeladen:

Festlich lösen wir unsere schwäbische Bürogemeinschaft in der Papierfabrik auf und laden Euch herzlich dazu ein.
Wir, das sind einmal Eberhard Högerle, von vielen Studierenden auch liebevoll „Högi“ genannt, der sich nach 46 Semestern in seinen wohlverdienten Ruhestand nach Benbecula Iha de Itaparrica* verabschiedet. *Gerüchten zufolge äusserte A. Humboldt 1867 größere Bedenken aufgrund des grassierenden Schlangenfiebers, die terra incognita zu erforschen. Etwa hundert Jahre später war dies dem ausgebildeten Geologen und Hobbybotaniker E. Högerle (Zitat:) „scheiss egal“ und er erkundete, die bislang unerforschte Inselkette. Für weniger als zwei Reichsmark und den Kronkorken eines Dinkelackerbiers (der zur Gründung einer neuen Religion führte) erwarb er damals das bereits erwähnte Eiland: Benbecula Iha de Itaparrica. Dorthin zieht es unseren geschätzten Kollegen von nun an mit postkolonialem Auftrag – seiner Spezialität: Käsespätzle, mit geriebenem Emmentaler und Gruyere – auch dort zum Durchbruch zu verhelfen.
Bei mir, Florian Fischer, von manchen auch liebevoll (wie es einem Hund gut zu Gesicht stehen würde) FloFi genannt, sind die Wege doch etwas kürzer. Nach nur zehn mitunter auch zähen (Vorsicht Kalauer) Semestern treibt mich die Brockenluft in das nahgelegene Halle. Dort werde ich mein Hobby zum Beruf machen und die H-Jugend des renommierten halleschen FC trainieren. Die Lehrprobe „Das Runde muss ins Eckige“ habe ich bereits mit Bravour bestanden. Auch die Nahrungsumstellung auf Maultaschen bekommt den jungen Sportlern vorzüglich.

Und hier die Rede von Prof. Martin Kreyßig auf Prof. Eberhard Högerle:

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
Lieber Eberhard,

als Tim Berners-Lee 1989 – im Jahr des Mauerfalls – am CERN das Internet für den Rest der Welt öffnete, ahnte niemand, welche Weltveränderungen dieser Schritt im Zuge der laufenden Digitalisierung der Lebens- und Arbeitswelten in Gang setzen würde.

Der Informatiker Helmut Eirund und der Grafikdesigner Eberhard Högerle hatten 1997 den Mut und die Weitsicht den Studiengang Medieninformatik an der Hochschule Harz in Wernigerode ins Leben zu rufen. Ein Studiengang mit einem vollkommen neuen Konzept: BINDESTRICH.

Mit einem winzigen BINDESTRICH habt ihr zwei unterschiedliche Kulturen und Kulturtechniken miteinander verbunden, die weiter voneinander entfernt kaum stehen können. Doch bei genauerer Betrachtung finden sich eine Unzahl bemerkenswerter Gemeinsamkeiten.
Der Mensch teilt sich mit, er palavert, erzählt, er lehrt und lernt. Der Mensch zeichnet in den Sand, an Höhlenwände, auf Pergament und Papier. Der Mensch betrachtet die Sterne, er träumt und vergleicht. Der Mensch zählt, misst, berechnet – er entwickelt Strategien, Werkzeuge und Programme, die ihm sein Leben erleichtern.

Informationen, das wissen wir seit der zu früh verstorbene Medienphilosoph Vilém Flusser dies anschaulich formuliert hat, Informationen bewirken Veränderungen eines Zustands. Das leere Papier wird von der Information, der Zeichnung, dem Wort, der mathematischen Formel, dem Code geprägt. Das Papier wird durch Druck des Stiftes in-formiert. Es verändert seine ursprüngliche Form. Und durch die Lektüre dieses veränderten Zustands bewirken Kunst und Informationen Veränderungen beim Betrachter, beim Leser, beim Nutzer.
Medieninformatik ist die Lehre von der Kommunikation mittels digitaler Medien. Medien, die uns informieren – und zwar synästhetisch, interaktiv, mit allen fünf Sinnen.

Helmut Eirund und Du, lieber Eberhard haben der Hochschule Harz, seinerzeit dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und heute dem Fachbereich Automatisierung und Informatik einen entscheidenden und zukunftsweisen Impuls gegeben mit der Gründung dieses modernen und interdisziplinären, auf die praktische, anwendungsbezogene Projektarbeit fokussierten Studiengang. Dafür schulden wir Euch Respekt und Dank.

Besonders aber hast Du die Geschicke der Medieninformatik von Anfang an durch Dein unablässig hohes Engagement und viel Herzblut voran gebracht. An Deiner Person als Künstler und Hochschulprofessor lässt sich lernen, wie entscheidend für einen erfolgreichen Studienverlauf unserer Studierenden es ist, dass die Lehrenden ihre Inhalte mit Empathie vermitteln. Der Lernstoff, so kompliziert er auch sein mag, jeder Lernstoff ist emotional aufladbar und aufgeladen. Nur so vermittelt sich Neugier und Aufmerksamkeit, aber auch die nötige Achtung für das Erschaffene, das Werk.

Viele Generationen unserer Studierenden, lieber Eberhard, sind Dir für Deinen Einsatz und Dein Engagement besonders dankbar. Deine ungezählten Studien- und Jahresprojekte – Dekan Zimmermann hat dies im Detail gewürdigt – bilden bleibende Erinnerungen in jedem Studentenleben. Der erfolgreiche Weg, den die Medieninformatik bis heute gegangen ist und unsere neueste Pflanze der Masterstudiengang Medien- und Spielekonzeption gehen wird, da bin ich zuversichtlich, gründen auf Deinem unermüdlichen Einsatz.

Uns jüngeren Kollegen, die Du uns mit unterschiedlichen Botenstoffen hierher nach Wernigerode gelockt hast – warst Du immer ein ausgezeichneter Ratgeber, besonders in den Strategien und Fallstricken der Selbstverwaltung und Hochschulpolitik. Deine Loyalität und Dein anarchistischer Humor – antrainiert in ungezählten Strassenkämpfen unter dem Pflasterstrand in Frankfurt am Main – haben noch jede unserer Sitzungen bereichert und um das entscheidende Quentchen Lebensfreude aufgelockert, die eine intensive Arbeit zu einem freudigen Erlebnis macht.

Lieber Eberhard, Du Odysseus – der Vielgereiste – wir alle wünschen Dir von Herzen Gesundheit und Glück, eine mal ruhige, mal unruhige Hand beim Zeichnen, Reissen, Falten, Kleben, Malen und Fotografieren. Bleibe uns als Mentor verbunden und gewogen – wir alle sind auf Deinen Rat auch in Zukunft angewiesen.

VON HERZEN ALLES GUTE!

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