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Games for and by everybody

| Sascha Reinhold

„On the one hand, there is a sense of boundless potential, the much-discussed possibility that games could succeed film as the defining form of popular culture for the new century. On the other hand, there is the reality of the game store—endless racks of adolescent power fantasies, witless cartoon characters, and literal-minded sports simulations.“ (Katie Salen und Eric Zimmerman, Rules of Play)

Dass das (digitale) Spiel ein einflussreiches, wenn nicht sogar das (!) bestimmende, Medium des 21. Jahrhunderts sein wird, steht mittlerweile außer Frage. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sind mit Joysticks, Gamepads und Spielekonsolen aufgewachsen und betrachten Videospiele als völlig legitime Art der Unterhaltung. Aber auch immer mehr ältere Menschen hantieren inzwischen mit Nintendo DS, Wii oder iPhone und erfreuen sich an den neuen Welten, die sich ihnen auftun. Spiele werden langsam „erwachsen“, erschließen neue Inhalte und Zielgruppen, verändern die Welt.

Nichtsdestotrotz wird der Erfolg des Mediums auch davon abhängig sein, ob es gelingt, den Produktionsprozess der Gesellschaft zugänglich zu machen. In anderen Medienbereichen ist dies längst der Fall: Die meisten Menschen können mit etwas Ehrgeiz, Zeit und günstiger Technik mehrseitige Dokumente gestalten, Fotografien erzeugen und entwickeln (ergo: ausdrucken) oder Filme drehen und schneiden. Zu all diesen Tätigkeiten war vor wenigen Jahrzehnten lediglich ein kleiner Kreis von fachlich geschultem Personal in der Lage. Das Web 2.0 verlagert die Erstellung und Distribution von Inhalten zum Konsumenten: Texte werden gepostet und kritisiert, Bilder werden ausgetauscht, Filme hochgeladen und millionenfach angeschaut.

Zur Herstellung von digitalen Spielen hingegen sind fast ausschließlich Menschen privilegiert, die sich im intensiven (Selbst-)Studium eine Programmiersprache angeeignet haben (von weiteren Fähigkeiten, wie der Herstellung von digitalen Grafiken, Sounds, Musik und interessanten Geschichten ganz abgesehen). Bereits Mitte der neunziger Jahre wurde von Clickteam mit Klik & Play ein erster Versuch unternommen, die Erstellung von digitalen Spielen zu ermöglichen, ohne Programmierkenntnisse vorauszusetzen. Das System erfreute sich seiner Zeit großer Beliebtheit, auch wenn die meisten der entstandenen Spiele visuell eher abschreckend waren.

Vor einem Jahr versuchte Microsoft , das alte Prinzip eines „Spielebaukastens“ wiederzubeleben: Entstanden ist das Kodu Game Lab, mit dem vor allem Kinder an der heimischen Xbox lernen können, digitale Spiele ganz einfach durch das simple Hinzufügen vorgefertigter Objekte und das Definieren von Bedingungen und Handlungsanweisungen herzustellen. Die Ergebnisse sind auf ihre Art visuell ansprechend und das Tool bietet vielfältige Möglichkeiten. Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert auch der Flash-basierte Playcrafter, mit dem ebenfalls völlig kostenlos kleine Flash-Spiele erstellt werden können.

Trotzdem stoßen kreative Spieleentwickler auch hier bald an die Grenzen der vorgegebenen Spielobjekte und -zustände. Äquivalent zur Entwicklung einfacher Software für Foto-Bearbeitung oder Filmschnitt, wird die Herausforderung in der Zukunft darin bestehen, dem Benutzer einen hohen Freiheitsgrad zu gewähren und gleichzeitig die Bedienung so einfach wie möglich zu gestalten. Die eierlegende Woll-Milch-Sau. Mächtigkeit gegen Simplizität. Ein Fall für Medieninformatiker.