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Wernigerode goes Stuttgart

| Sandra Hanstein

Gleich zu Beginn des Wintersemesters 2016/2017 war für die Bachelor-Studierenden des Studiengangs Medieninformatik aus dem 5. Semester und für die Master-Studierenden der Medien- und Spielekonzeption ein Ausflug angesetzt. Ende Oktober ging es für sie und ihre Dozenten eine Woche lang nach Stuttgart, wo Firmen- und Museumsbesuche auf dem Plan standen. Für die Erstsemester aus dem Master war das auch gleich eine gute Möglichkeit, sich besser kennenzulernen.

Die vielen Denkanstöße des gebotenen Programms gingen Hand in Hand mit der ungezwungenen Atmosphäre einer Klassenfahrt, was auch an der Unterbringung in einer Jugendherberge, den nach eigenem Ermessen zur Erbauung nutzbaren Abenden und den langen Busfahrten lag, auf denen vergnüglich anzusehende Filme gezeigt wurden. Freundschaften wurden geschlossen, Bekanntschaften ausgebaut und sogar die Dozenten stellten sich als menschliche Wesen mit Persönlichkeit heraus. Und ganz nebenbei kamen die Studierenden mit Kunst, Kultur und der professionellen Medienindustrie in Kontakt.

Einblick in Special-Effects

Die erste planmäßige Station war das in Stuttgart ansässige Unternehmen „Pixomondo“, welches Spezialeffekte für Film- und Fernsehproduktionen, aber auch Werbefilme und andere visuelle Medien entwickelt. Das Interesse der Studierenden wurde hier vor allem von namhaften Projekten wie der Fantasy-Serie „Game of Thrones“ oder Hollywoodfilmen wie „Star Trek Into Darkness“ und „Die Tribute von Panem“ geweckt. Für den Film „Hugo Cabret“ von Martin Scorsese hatte „Pixomondo“ 2012 einen Oscar erhalten. Bei einer kleinen Vorführung erhielten die Studierenden exklusive Einblicke in laufende Projekte und konnten den Mitarbeitern Fragen zur Technik, dem Unternehmen und dem Arbeitsfeld stellen, die ausführlich beantwortet wurden.

Nach einem etwa einstündigen Fußmarsch durch halb Stuttgart, besuchte die Gruppe das Kunstmuseum in der Innenstadt, in dem noch bis zum 19. Februar 2017 die Ausstellung „[un]erwartet. Die Kunst des Zufalls“ zu sehen war. Die Kunstwerke beschäftigten sich mit dem experimentellen und systematischen Umgang mit Zufallsprozessen. Diese wurden nicht nur als schöpferische wie logische Kraft erfahrbar, sondern der Begriff des Zufalls an sich wurde in all seinen Aspekten diskutiert.

Danach stand es den Studierenden frei, die nahegelegene Ausstellung „Not Dressed For Conquering“ zu besuchen. Deren recht provokante Installationen setzten sich mit dem Zusammenhang zwischen Mode, Ausbeutung und Krieg auseinander. Was zunächst weit hergeholt erschien, erwies sich als niederschmetternd offensichtlich – dank der von der Künstlerin Ines Doujak mit der nötigen Vehemenz vorgebrachten Entwürfe.

Abends speisten allen Studierende und Dozenten in einem vortrefflichen Restaurant schwäbische Küche.

Kunst und Spiele-Historie

Mit dem Bus fuhr die Gruppe am Donnerstag nach Karlsruhe in das „Zentrum für Kunst und Medien“ (ZKM). Hier warteten zahlreiche Ausstellungen darauf, erkundet zu werden. Zum einen ließ sich in einem großen Überblick „Kunst in Europa 1945 – 1968“ vom Abstrakten Expressionismus bis zum Sozialistischen Realismus erleben. Der digitale Ausstellungsraum „ArtOnYourScreen“ symbolisierte Schnittstellen zwischen Online- und Offline-Kunst. Des Weiteren gab es die Rekonstruktion von Aby Warburgs „Bilderatlas“ zu bestaunen, in dem der Kulturwissenschaftler Zusammenhänge von der Kultur der Antike bis zur europäischen Moderne darstellte. Der tschechische Künstler Milan Grygar zeigte in der Einzelausstellung „Sound On Paper“ seine akustischen Zeichnungen, die beispielsweise aus von Klängen erzeugten Kunstwerken oder musikalisch interpretierten Zeichnungen bestehen.

Am spannendsten für die Studierenden war natürlich auf die Dauerausstellung „ZKM_Gameplay“ in der auf einer kompletten Etage nicht nur die Geschichte der Videospiele veranschaulicht wurden, sondern auch alte und neue Spiele live getestet werden konnten. Damit sollte der wachsende kulturelle und wirtschaftliche Aspekt der Spieleindustrie beleuchtet werden. Besonders dort konnten sich viele Studierende Anregungen zu ihren Hochschulprojekten holen.

Einfluss der Exkursion auf den Arbeitsalltag

Das Semester neigt sich dem Ende zu, seit der Exkursion ist viel Zeit vergangen – Zeit, die die Studierenden genutzt haben, um an ihren jeweiligen Projekten zu arbeiten. Hat die Exkursion, rückblickend betrachtet, also etwas gebracht?

Sie hat.

In ganz konkreten Fällen fanden Studenten Anregungen für ihre Arbeiten. So bot etwa „Not Dressed For Conquering“ reichlich Inspiration für avantgardistische Erzählungen oder Filmprojekte und die Ausstellung „ZKM Gameplay“ erweist sich auch im Nachhinein als wahre Fundgrube kreativer Ideen für die Entwicklung eigener Spiele.

Zeuge der Arbeit an wirklich erfolgreichen Filmproduktionen zu werden, führte einmal mehr vor Augen, wofür man eigentlich „irgendetwas mit Medien“ studiert und zu guter Letzt bleibt natürlich der gewonnene Zusammenhalt als Studiengang und Fachschaft, der sich jetzt in der Prüfungszeit besonders auszahlt, wenn es heißt, einander aufzubauen, zu unterstützen und gemeinsam zu lernen.

Die Exkursion bot viele Aspekte. Ganz sicher war sie ein gemeinsamer Sprung ins kalte Wasser, ohne Zweifel war sie ein selten starker Denkanstoß und vielleicht bleibt sie der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

(Von Sandra Hanstein und Robert Boehm, Fotos: Marcel Jürß)

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